Der Weißabgleich – was ist das eigentlich?

08.02.2017


Das Licht variiert nicht nur in der Helligkeit, sondern auch in der Farbtemperatur, die man in Kelvin angibt. So hat zum Beispiel eine Kerze 1500 Kelvin, eine Glühbirne je nach Wattzahl zwischen 2650 und 2800 Kelvin, eine Halogenlampe 3000 Kelvin, die Sonne bei Sonnenauf- und Untergang 5000 Kelvin, die Sonne am Vor- und Nachmittag 5500 – 5600 Kelvin und Mittags ca. 5800 Kelvin, bei bedecktem Himmel sind es 6500 – 7500 Kelvin und bei Nebel 7500 – 8000 Kelvin. Alles ca. Werte. Die Lichtfarbe wird aber auch durch die Umgebung beeinflusst.  Mauern, die Umgebung und auch unsere Kleidung absorbiert oder reflektiert Licht und gibt dem Licht eine Färbung mit. Deshalb zieht bei Makroaufnahmen nicht unbedingt die rote Jacke an!

Unser Auge sieht Weiß unabhängig von der Beleuchtung immer weiß. Die Kamera kann das nicht. Sie braucht eine Automatik oder einen manuellen Weißabgleich, damit die Farben der Aufnahmen natürlich wirken.

Den Weißabgleich kann man von der Kamera automatisch einstellen lassen oder eine Vorwahl treffen. Manch einer sagt, dass der Weißabgleich nicht so wichtig ist, weil wir in RAW fotografieren und da können wir den Weißabgleich nachträglich immer noch ändern. Ja, können wir! Aber wohin? Wie war denn das Licht tatsächlich?

Zuhause am PC ist es „nur“ noch die Erinnerung an den Moment, an das Licht. Natürlich kann man das mit dem Weißabgleich naträglich so machen. Und auch der AWB (automatischer Weißablgeich) in der Kamera bringt schon gute Ergebnisse, aber halt nicht wirklich immer das, was man auch wahrgenommen hat. Und manchmal ist auch entgegen der Wahrnehmung toll.

Nun wollte ich dem doch mal auf die Spur gehen. Wie mache ich das, dass ich in den Bildern einen Weißabgleich habe, den ich auch vor Ort so wahrnehme. Schieben und ändern geht immer noch – ich möchte aber eine genauere Einstellung für die Wiedergabe der Bilder haben.

Daher habe ich mich umgeschaut was man machen kann um den Weißabgleich richtig einzustellen. Oder zumindest besser als vorher. Denn der AWB stimmt auch nicht immer und die anderen Möglichkeiten die ich in meiner Canon vorwählen kann, können den tatsächlichen Weißabgleich auch nur ungefähr erreichen, weil es einfach vorgegebenen Werte sind. Diese Werte können immer nur eine Näherung sein:

Symbol Modus Farbtemperatur in Kelvin
Automatisch  3000 – 7000
Tageslicht

5200

Schatten

7000

wolkig

6000

Kunstlicht

3200

Leuchtstoff

4000

Manuell  2000-10000

Was mache ich aber, wenn ich es genauer haben möchte, denn die 6000 Kelvin bei wolkig sind ja nur ein ca. Wert. Gut wäre es der Kamera vor Ort zu erklären was in dem jeweiligen Licht Weiß ist.

Dazu kann man eine Graukarte ins Bild legen mittels der man später am PC den Neutralgrauwert der Karte einmisst. Ich finde es aber doof, wenn in meinen Bildern Graukarten rumliegen 😉 Ok, man kann dann 2 Fotos machen, aber wer will das schon? Außerdem stelle ich mir das ganze auch sehr umständlich vor. Weiter muss ich später am PC jedes Bild wieder auf den Wert des mit der Graukarte fotografierten einstellen. Nä – das gefällt mir nicht!

Es gibt Farbtemperatur-Messgeräte. Sind halt nur sehr teuer und sooo wichtig ist mir das mit der Farbtemperatur nun auch wieder nicht. Aber es gibt auch günstigere Lösungen. Man kann z.B. auch ein weißes Tuch vor das Objektiv spannen – ein Bild machen und das der Kamera als Wert für Weiß geben. Aber was ist weiß. Schaut man sich mal die weißen Hemden/Blusen/T-Shirts/Decken zu Hause an. Eins ist gelber, das andere blauer … und welches ist wirklich weiß? Selbst Druckerpapier hat manchmal einen bläulichen oder auch gelblichen Stich. Vermutlich aus dem Grund gibt auch fertige Weißabgleich-Filter zu kaufen die man nutzen kann. Und da mir das mit dem Tuch und faltenfrei davor spannen eh ein wenig zu umständlich war, nehme ich jetzt so ein Filter.

Die meisten guten Kameras haben eine Funktion mit der man den Weißabgleich vor Ort manuell einstellen kann. Dazu lest ihr am besten in eurem Handbuch nach. Bei Canon mache ich es wie folgt: Ich nehmen das Tuch oder  das Weißabgleich-Filter und mache mittels Spotmessung ein Bild.  Dann wähle ich im Menü in den Optionen den Custom WB.  Im Custom WB kann ich das vorher aufgenommene Bild anwählen und  mit Bestätigung wird der Weißabgleich in der Kamera berechnet und im Menü unter manueller Weißabgleich zur Verfügung gestellt. Jetzt wähle ich noch manueller Weißabgleich für die nächsten Aufnahmen an und fertig ist die Einstellung. Das ist vor Ort wirklich gut zu machen und auch wenig aufwändig. So kommt man zumindest an eine dem tatsächlichen Licht besser entsprechende Farbtemperatur im Bild. Ob man das nachträglich noch ändert oder nicht – ja das könnt ihr selber entscheiden.

Hier mal ein paar Beispiele ohne weitere Entwicklung – nur ein Screenshot aus LR. Das erste Bild zeigt immer den automatischen Weißabgleich, den ich bisher meistens genutzt habe, in der Mitte das Basisbild für den manuellen Weißabgleich, rechts das Bild was nach dem manuell eingestellten Weißabgleich entstanden ist. Vom Gefühl her kommt das rechte Bild der tatsächlichen Wahrnehmung vor Ort am nächsten. Ob das jetzt zu 100% stimmt oder nur zu 97% ist mir eigentlich egal, weil es mir aber die Idee gibt, wie es tatsächlich war.

Hier sind zu der letzten Bilderreihe mal die Histogramme: links das Histogramm zum linken Bild – rechts das Histogramm zum rechten Bild.

Würde ich jetzt heller belichten, dann würde im linken Histogramm der Blaukanal relativ schnell überstrahlen, während das bei der korrekten Messung so wäre, dass ich das komplette Histogramm über die Belichtungskorrektur noch schön weit nach rechts schieben kann, ohne das ein Farbkanal an seine Grenzen käme.

Wie macht ihr das mit dem Weißabgleich? Habt ihr euch schon mal damit beschäftigt? Ist das wichtig für euch? Ich bin gespannt …

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8 Kommentare
  1. Andreas von ah-photografie
    Andreas von ah-photografie sagte:

    Hallo Birgit,
    erst einmal ein toller Bericht von Dir, ich persönlich nehme den Weissabgleich eigentlich immer auf Auto, Korrekturen kann ich ja später im RAW Konverter vornehmen. Hier nehme ich nicht unbedingt immer die wirkliche Situation an, weil mir vielleicht eine andere Stimmung besser gefällt. Aber das mit der Graukarte habe ich auch noch nicht versucht, sollte ich mir dann mal eine anschaffen und es austesten. Ausprobiert habe ich es allerdings schon einmal mit dem manuellen Weissabgleich, die Situation war hier dieses “ grell “ blaue Musical Dome Zelt in Kombination mit den Warmtönen der Brückenbeleuchtung. Allerdings konnte ich kein zufriedenstellendes Ergebnis damit produzieren. Aber durch deinen Beitrag werde möchte ich dann doch mal andere Wege versuchen 🙂
    Grüsse aus Köln
    Andreas

    Antworten
    • Seh-N-Sucht
      Seh-N-Sucht sagte:

      Andreas – danke für den langen Kommentar! Auto hatte ich auch – war aber immer ein bisschen blaustichig. Natürlich kann ich die Korrektur nachträglich machen. Aber erinnerst Du Dich genau an das Licht, die Lichttemperatur? Ich nicht – daher ist es – finde ich – gut eine Ausgangsbasis zu haben, die mit der Wirklichkeit überein stimmt.

      Kann das bei einem Konzert mit sich ständig verändernden Lichtverhältnissen überhaupt funktionieren? Du hast ja mal blaues Licht, dann wieder rotes oder gelbes oder was auch immer. Da kommt man ja gar nicht nach, oder?

      Ich übe erst mal draußen mit einer Sorte und sich langsam veränderndem Licht 😉 Halt mir aber offen alles in LR wieder total zu verändern 😉

      LG, Birgit

      Antworten
    • Seh-N-Sucht
      Seh-N-Sucht sagte:

      Stimmt – und das eine schließt ja das andere nicht aus 😉 Ob Du es vorher oder nachher änderst – das Ergebnis zählt. Ich mag auch die Stimmung, die ein falscher Weißabgleich einem Bild geben kann. Danke für Deinen Kommentar!

      Antworten
  2. hansekiki
    hansekiki sagte:

    Moin Birgit,
    das mit dem Weißabgleich ist schon so eine Sache für sich. Ich besitze eine Graukarte, weil ich oft mit ND Filtern arbeite, die farbstichig sind. Hab es eine Zeitlang durchgezogen, um einfach zu lernen, wie sich der Farbstich auswirkt, bin aber wieder davon weg, weil ich das mittlerweile wieder im RAW Konverter regle. Hat einfach was mit Erfahrung zu tun, mittlerweile laß ich mich da nicht mehr aus der Ruhe bringen. Es liegt wohl auch im eigenen Farbempfinden und Vorlieben. Ich bevorzuge einfach kühle Töne, das wird dann meistens manuell hinterher angepasst.
    Was du noch versuchen könntest, wäre den Weißabgleich manuell im Live View zu regeln, falls deine Kamera dies anbietet. Ich besitze auch eine Canon da geht man auf „Live View“ anschließend tippt man auf WB am Schulterdisplay und neben den von dir vorbestellen Symbolen gibt es ja noch das „K“, für das manuelle Einstellen der Farbtemperatur. Anwählen und dann mit dem Hauptwahlrad so lange schollen, bis die Farben am Kameramonitor mit dem „echten“ übereinstimmen. Ist natürlich die Frage, ob man das wirklich so genau hinbekommt, oder anschließend doch ein klein wenig nachbessert. Ich mache es nicht, hab’s aber immer im Hinterkopf 😉
    LG kiki

    Antworten
    • Seh-N-Sucht
      Seh-N-Sucht sagte:

      Danke Kiki, ja auch den K kenne ich. Da der manuelle Weißabgleich so nicht umständlich ist, werde ich immer mal wieder damit arbeiten. Und was ich am Ende daraus mache – sehe ich wie Du – wird einfach angepasst. Ich habe nach der manuellen Einstellung einen relativ korrekten Weißabgleich, aber niemand zwingt mich den so zu lassen 😉
      LG, Birgit

      Antworten
  3. lichtbildwerkerin
    lichtbildwerkerin sagte:

    Mit dem WB ist es manchmal schwierig, auch wenn man RAWs aufnimmt. Besonders wichtig finde ich ihn, wenn es um Hauttöne oder Mischlicht-Situationen geht. Dann muss man ihn zu händeln wissen und wie man z. B. CTO-Folien beim Blitzen einsetzt, aber bei Aufnahmen in der Natur stelle ich ihn während der Entwicklung in LR so ein, dass das Bildergebnis dem nahe ist, wie ich die Lichtsituation empfunden habe ;-). Der Klick auf´s Tageslicht in LR trifft das nicht immer, auch wenn ich bei Tageslicht fotografiert habe. Übrigens finde ich, dass auch ein falscher Weissabgleich durchaus mal interessant sein kann.

    Antworten
    • Seh-N-Sucht
      Seh-N-Sucht sagte:

      Danke Conny!

      Blitz ist so gar nicht mein Ding – daher habe ich auch von CTO-Folien noch nichts gehört – mom das muss ich grad mal abstellen – bin mal eben bei Dr. Google – ah ja – diese Farbfolien für den Blitz. In dem Fall nicht einfach nur bunt sondern Farbtemperatur ausgleichend so wie ich das verstanden habe – wirklich spannend, was es alles gibt. Danke – ohne Deinen Kommentar wüsste ich das jetzt nicht 🙂

      Das mit den Hauttönen habe ich schon gelesen. Das scheint ein wirkliches Problem zu sein. Ich merke mir das einfach mal mit den CTO-Folien. Vielleicht stehe ich ja irgendwann auch vor diesem Problem 😉

      Ich fand es ganz spannend, dass auch einzelne Kanäle extrem reagieren und man sie mit dem Weißabgleich wieder „einfangen“ kann. Wenn der Abgleich es schafft die Kanäle auch etwas zusammen zu halten, dann hat man ja auch mehr Möglichkeiten das Histogramm zu verschieben. Ich übe mal weiter damit. Interessant kann das bestimmt auch bei ND-Filtern sein, die eigene Farbabweichungen mitbringen – vielleicht kann man die mit dem MWB ausgleichen???

      Bisher habe ich auch die Farbtemperatur in LR so eingestellt wie ich meinte das Licht gesehen zu haben. Und oft stelle ich auch schon beim Fotografieren alles total falsch ein, weil ich den Farbeffekt haben möchte. So wie Du schreibst: „ein falscher Weißabgleich durchaus mal interessant sein kann“! Ja, ja – die Weißabgleichfetischisten mögen mich jetzt hauen, aber das finde ich teilweise wirklich toll 🙂 Und auch ist der jetzt vor Ort eingestellte Weißabgleich für mich nicht Gesetz – ja wenn ich ihn anders haben möchte – dafür sind die Regler doch da. 😉

      Wenn es für mich wichtig ist, dann halte ich dieses Filter einfach davor. Das ist innerhalb von max. 1 Minute inkl. Aus- und Einpacken als auch Kameraeinstellung erledigt. So habe ich die Farbtemperatur, die auch vor Ort war. Das mache ich nicht für jedes Foto – nur wenn ich merke das Licht hat sich geändert.

      Der AWB hatte bei der oberen Bildreihe 5350/+25 gemessen – der MWB war 6050/-1. In der mittleren Bildreihe waren es 4350/+6 zu 5750/+6 und bei der unteren Reihe 3700/-6 zu 5700/+9. Da frage ich mich ja schon, warum meine Kamera solch doch recht großen Differenzen zum tatsächlichen Licht misst.Auf meiner Recherche habe ich auch gelesen, dass man Kameras je nachdem, ob sie es eingebaut haben, auch schon vorab nachstellen kann. Da muss ich mich aber noch mal mit beschäftigen und mal richtig rein lesen. Vielleicht ist ja auch an der Stelle tatsächlich was verstellt, obwohl ich noch nicht mal weiß, wie ich dahin kommen sollte, wenn meine Kamera das tatsächlich hätte 😉

      LG, Birgit

      Antworten

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